Forscher auf der Spur molekularer Altersuhren

Lübeck: Archiv - 05.07.2023, 15.29 Uhr: Das Altern ist ein komplexes Phänomen, das alle Lebewesen betrifft. Das Tempo des Alterungsprozesses kann von Mensch zu Mensch jedoch stark variieren. Bisherige Forschungen haben gezeigt, dass beschleunigte Alterung mit der Entstehung vieler Erkrankungen verbunden ist.

Ein Forschungsteam um Prof. Lars Bertram, Leiter der Lübecker Interdisziplinären Plattform für Genomanalytik, will sich gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Ilja Demuth aus der Medizinischen Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin der Erforschung epigenetischer Marker, die auf eine schnellere Alterung hinweisen, widmen. Die frühzeitige Erkennung solcher Marker soll künftig die Bewertung des individuelle Krankheitsrisikos und somit eine verbesserte Behandlung oder sogar Prävention altersbedingter Krankheiten ermöglichen. Das dreijährige Kooperationsprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft mit 570.000 Euro gefördert.

Der Prozess des Alterns, der Forschende seit Jahrzehnten fasziniert, umfasst eine Vielzahl biologischer Faktoren, darunter genetische, zelluläre und molekulare Veränderungen. Die Erkennung von beschleunigtem Altern in einem frühen Stadium ist für die Forschung von besonderem Interesse. Genau hier soll die ausgewiesene Expertise der Lübecker Interdisziplinären Plattform für Genomanalytik in einem neuen von der DFG geförderten Forschungsprojekt zum Tragen kommen. „Im besten Fall kann unser Projekt zu einer besseren und früheren Vorhersage von altersbedingten Erkrankungen, wie zum Beispiel der Alzheimer-Krankheit, beitragen und so das sogenannte therapeutische Fenster, also die Zeitspanne in der präventive Maßnahmen ihren Effekt maximal entfalten, erweitern“, sagt Prof. Dr. Lars Bertram, Leiter der Lübecker Interdisziplinären Plattform für Genomanalytik der Universität zu Lübeck und einer der beiden beteiligten Kooperationspartner. „Die Entwicklung von Markern zur individuellen Messung einer beschleunigten Alterung ist aufgrund des hohen translationalen Potentials derzeit ein intensiv beforschtes Thema. In unserer Studie setzen wir dabei auf epigenetische Marker, die über mehrere Zeitpunkte in Probanden der Berliner Altersstudie II gemessen wurden“, sagt Bertram.

Die Erforschung epigenetischer „Altersuhren“ geht in die nächste Runde

Epigenetik umfasst den Bereich des menschlichen Erbguts, der nicht direkt die DNA-Sequenz, also den genetischen Code selbst, betrifft sondern Mechanismen, die das „Ablesen“ und die „Interpretation“ eben dieses Codes regulieren. Hierbei handelt es sich um äußert komplexe und in der wissenschaftlichen Fachwelt bis dato nur unvollständig verstandene Prozesse. Einer der am besten erforschten epigenetischen Marker ist die DNA-Methylierung. Hierbei werden bestimmte Abschnitte des genetischen Codes durch sogenannte Methylgruppen markiert, was je nach Lokalisation im Erbgut zu einer vermehrten oder verminderten Ablesung, das heißt Genexpression, führen kann. Vorläuferstudien haben vor einigen Jahren zu der Entwicklung von „epigenetischen Uhren“ basierend auf der DNA-Methylierung geführt. Der Unterschied zwischen epigenetischem Alter und tatsächlichem, das heißt chronologischem, Alter gibt Aufschlüsse darüber, ob ein Mensch eher schneller oder langsamer altert.

„Obwohl seit der Publikation der ersten epigenetischen Uhren dieser Ansatz noch verfeinert wurde, basieren die meisten der derzeit verfügbaren epigenetischen Uhren auf Querschnittsmessungen zu lediglich einem Zeitpunkt. Was derzeit fehlt sind Verlaufsbeobachtungen, die die Veränderung der DNA-Methylierung über einen größeren Zeitraum in denselben Probanden messen. Dies ist genau das Ziel unseres Kooperationsprojektes mit der Uni Lübeck“, sagt Prof. Dr. Ilja Demuth, Leiter der AG der Biologie des Alterns in der Medizinischen Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin an der Charité. Demuth leitet den medizinischen Teil der Berliner Altersstudie II, die etwa 1,600 ältere Probanden aus der Metropolregion Berlin seit 2009 begleitet. „Eine der Stärken der Berliner Altersstudie II ist das intensive, längsschnittlich ausgerichtete Untersuchungsprotokoll. Bei jedem Untersuchungstermin nehmen wir unseren Probanden auch Blutproben ab, die in dem neuen DFG-Projekt jetzt auf ihre DNA-Methylierungsprofile untersucht werden.“

Die Berliner Altersstudie II wurde 2009 von einem interdisziplinären Forschungsteam ins Leben gerufen und hat bereits zu einer Vielzahl neuer Erkenntnisse zur Alterung des Menschen beigetragen. Mit der jetzt bewilligten Förderung wird eine Weiterentwicklung des wichtigen Bereiches der Altersepigenetik in der Berliner Altersstudie II ermöglicht. Das Projekt beginnt am 1.7.2023 und läuft über drei Jahre.

Gesundes Altern: Ein Lübeck-Berliner Forschungsteam auf der Spur molekularer Altersuhren. Foto: Archiv

Gesundes Altern: Ein Lübeck-Berliner Forschungsteam auf der Spur molekularer Altersuhren. Foto: Archiv


Text-Nummer: 159826   Autor: UNI/red.   vom 05.07.2023 um 15.29 Uhr

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