SHMF: Wellbers Mozart-Facetten

Lübeck: Archiv - 24.08.2023, 15.55 Uhr: Mozart stand im Mittelpunkt des vorletzten Lübecker SHMF-Konzerts dieses Sommers. Gespannter war man allerdings auf das Doppelkonzert für Violine, Akkordeon und Orchester von Aziza Sadikova (*1978) . Da aber Hillary Hahn nach überstandener Corona-Infektion sich lediglich Mozarts A-Dur-Konzert zutraute, verzichtete Omer Meir Wellber auf das Akkordeon und war in der MuK nur als Dirigent zu erleben.

Wellber, SMF-Porträtkünstler des vergangenen Jahres, bannte erneut mit seiner Körpersprache das Publikum in der vollbesetzten Muk, ebenso die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, die ihren Ruf als exzellentes Orchester einmal mehr untermauerte. Die„Don Giovanni“-Ouvertüre startete mit einem Donner- Akkord der Bässe, zeigte das Grauen in den Violinen und das Zagen in den Flöten-Läufen – ungemein dynamisch: Hier war der späte Mozart total präsent.

Im G-Dur-Violinkonzert KV 219 des 19-jährigen Mozart zeigte Hillary Hahn makellos, was dieses Werk ausmacht: Schlicht stieg sie ins Allegro aperto und stieg beherzt ins erste Thema und legte mit Wellber die Energie dieses Satzes frei – dabei im Pianissimo immer wieder Luft holend und blitzsauber eine eigene „geläufige“ Kadenz einzufügen. Im Adago ließ Hillary Hahn zärtlich zum Publikum sprechen, breitete eine Erzählung aus, die Wellber die Bremer kommentieren ließ; die Kadenz prägten ruhige Doppelgriffe. Federnd, dabei gemütvoll boten alle das abschließende Rondeau – die Solistin und das Orchester im Frage-und-Antwort-Spiel mit einer Dynamik voller Fröhlichkeit. Den ebenso fröhlichen und reichlichen Applaus belohnte die Solistin mit einer Bach-Zugabe in der ihr eigenen, höchst einfühlsamen Manier.

Nach der Pause hörten fast alle im Saal Mozarts sinfonischen Erstling: Die Sinfonie Es-Dur KV 16 des Achtjährigen – als Notlösung kurz ins Programm genommen – zeigte im Allegro molto das große Talent, zumal es „perfekt“ von einem Profi-Ensemble aufgewertet wurde. Hier ist schon alles im Ansatz da, was dann den Meister ausmachte. Andante und Presto blieben dann in Kinderschuhen stecken.

Franz Schuberts 2. Sinfonie B-Dur ist ebenfalls ein Jugendwerk. Der 17-Jährige präsentiert sich in ihr schon als Könner in der Nachfolge Haydns und Mozarts mit Beethoven-Anklängen – jedoch ein wenig schlichter in ihrer Biedermeier-Präsenz. Die schien Omer Meir Wellber aufwerten zu wollen mit einer Dynamik, die den beiden ersten Sätzen gut anstand. Er arbeitete die Melodien heraus und die Beethoven-Anklänge im 1. Satz sowie die liebevolle Leichtigkeit im Andante. Nur die überdrehte Dynamik des Menuetto sowie des Schlusssatzes wollten nicht recht passen: Schubert braucht weder Überbetonung noch Überdrehtheit. Die Bremer Musici hatten jedoch keine Probleme damit und boten eine Perfektion, die das ihnen und dem Maestro begeisternd applaudierende Publikum beglückte.

Hillary Hahn und Omer Meir Wellber gestalteten das vorletzte Konzert des SHMF 2023 in Lübeck. Foto: Olaf Malzahn

Hillary Hahn und Omer Meir Wellber gestalteten das vorletzte Konzert des SHMF 2023 in Lübeck. Foto: Olaf Malzahn


Text-Nummer: 160760   Autor: Güz.   vom 24.08.2023 um 15.55 Uhr

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