Behnhaus nimmt Gothmund erneut in den Fokus

Lübeck: Archiv - 29.08.2023, 16.29 Uhr: Es lohnt sich, sich noch einmal in das Behnhaus Drägerhaus zu begeben, um sich auch den zweiten Teil der großen Gothmund Ausstellung anzusehen, die dort seit April 2023 präsentiert wird. Der Akzent hat gewechselt und in Ergänzung zum bisherigen Schwerpunkt Künstlerkolonie und Kunstort Gothmund wurde die Ausstellung in Teilen neu konzipiert.

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Marlis Zahn und Heiko Jäckstein haben die Geschichte des Künstlerdorfs erforscht.

Die Industrialisierung an der Trave ist mit in die Betrachtung aufgenommen worden und zeitgenössische Künstler mit modernen Interpretationen des Geschehens wurden mit den historisch traditionellen Gemälden kontrastiert. Im Zentrum stehen dabei natürlich der Künstler Heiko Jäckstein und die Regionalhistorikerin Marlis Zahn. In mehr als zehnjähriger Zusammenarbeit haben die beiden einen Forschungsbeitrag zur Geschichte der Hansestadt Lübeck abgeliefert, der höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügt. Im Rahmen ihrer Recherchen hat insbesondere Marlis Zahn Quellen und Bezüge gefunden, die vorher gar nicht mit dem Fischerdorf an der Trave in Verbindung gebracht wurden. Zeichnungen und Bilder wurden aus Archiven herausgefischt, die bisher in Lübeck noch nie gezeigt wurden und deren Existenz überhaupt nicht bekannt war. Es war eine Herkulesarbeit das alles zusammenzutragen und in einem Buch zu bündeln, das die Kunstgeschichte des Fischerdorfs in beeindruckender Weise widerspiegelt.

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Marlis Zahn und Heiko Jäckstein mit Familie Kühn.

Anwesend war zur Vorstellung der Ausstellung am Dienstag auch die Fischerfamilie Kühn aus Gothmund mit den Senioren Hannes und Hanna und ihrem Sohn Bernd. Gemeinsam mit Künstler Heiko Jäckstein erinnerten sie sich, wie diese Forschung vor mehr als zehn Jahren anfing. Jäckstein fragte bescheiden, ob er seine Staffelei einmal in den Garten stellen dürfte und war bereits kurze Zeit später so etwas wie ein Familienmitglied bei der gastfreundlichen Fischerfamilie. "Dor iss wedder een de malt" sprach es sich unter den Gothmundern herum und Heiko Jäckstein fragte einfach nach wieso denn "wedder", gab es da schon einmal welche? Er erfuhr Ansätze, begann mit den Recherchen und eine ganze Malerwelt tat sich vor ihm auf. Als Marlis Zahn davon erfuhr, packte auch sie das Recherchefieber denn es eröffnete sich plötzlich ein bisher gänzlich unerforschtes Gelände. Heiko Jäckstein, der mittlerweile überall in Gothmunds Gärten Hausrecht hatte, erschuf währenddessen mehr als 200 Gemälde über Gothmund und erfuhr dabei aus alten Aufzeichnungen immer mehr über seine Künstlervorgänger.

"Ohne die Herzlichkeit und Gastfreundschaft von Familie Kühn wäre all das nicht an die Öffentlichkeit gekommen", betonte Heiko Jäckstein daher immer wieder.

Tilmann von Stockhausen, Leitender Direktor der Lübecker Museen freute sich, dass man trotz Umbau des Hauses diese mittlerweile hochaktuelle Ausstellung in zwei unterschiedlichen Abschnitten präsentieren konnte. Naturraum und Industrialisierung befinden sich immer in einem Spannungsverhältnis und in der Ausstellung werden beide Aspekte sehr deutlich ins Bewusstsein gehoben. Dass dieser Konflikt gerade in diesen Tagen wieder hochaktuell ist, bemerkt man, wenn man das Museum verlässt und die Königstraße Richtung Katharinenkirche entlanggeht. Gleich nach der Christo-ähnlichen Verpackung der Museumsfassade kleben in einem großen Fenster zwei riesige Plakate mit der Aufschrift "Rettet Gothmund", mit denen sich eine Bürgerinitiative gegen geplante Industrieanlagen auf der gegenüberliegenden Seite der Trave wehrt. Sich in der Ausstellung zu informieren und dann einmal herauszufahren nach Gothmund, an die Endstation der Linie 12, lohnt sich daher in jedem Fall. Die Romantik, die bereits Generationen von Künstlern begeistert hat, findet man dort noch immer. Gelegentlich finden dort sogar Führungen mit Heiko Jäckstein persönlich statt, und der wird nicht müde, Kunstbegeisterten aus vielen Nationen von der Faszination dieses besonderen Ortes zu erzählen.

Im Orginal-Ton hören Sie ein Interview von Harald Denckmann mit Heiko Jäckstein, Tilmann von Stockhausen sowie Bernd und Hannes Kühn.

Der Gothmunder Fischer Hannes Kühn vor seinem Porträt von Heiko Jäckstein. Fotos, O-Ton: Harald Denckmann

Der Gothmunder Fischer Hannes Kühn vor seinem Porträt von Heiko Jäckstein. Fotos, O-Ton: Harald Denckmann


Hier hören Sie den Originalton:

Text-Nummer: 160854   Autor: Harald Denckmann   vom 29.08.2023 um 16.29 Uhr

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