1. Philharmoniker-Konzert: Großer Strauss

Lübeck: Archiv - 10.09.2023, 19.46 Uhr: Ein Kraftakt zu Saison-Beginn: Gleich eine Woche nach der Opernpremiere („Eugen Onegin“) bietet das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck ein 1. Sinfoniekonzert – und das mit dem (wegen der großen Besetzung) selten aufgeführten „Ein Heldenleben“ von Richard Strauss. Diese Tondichtung op. 40 des 34jährigen Münchners wurde unter dem Dirigat von GMD Stefan Vladar zum Ereignis im Sonntagskonzert in der MuK.

Das erwartungsvolle Publikum hatte seine Freude, die Philharmoniker vor allem in den Streichern – bis auf wenige Ausnahmen – nahezu wieder in Vollbesetzung zu erleben. An der Spitze: Erster Konzertmeister Carlos Johnson, der im dritten Heldenleben-Abschnitt das umfangreiche Violinsolo in all seiner (technisch-vertrackten) Schönheit ausbreitete. Hier blitzte die Ironie auf, die das ganze dreiviertelstündige Werk durchzieht: Der geübte Hörer hatte seine Freude an den Übermut-Zitaten aus den voraufgegangenen Sinfonischen Dichtungen – zumal „Don Juan“, „Don Quijote“, „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ – wie vorausweisend auf den „Rosenkavalier“. Holzbläser-Gelächter wechselte sich ab mit Romantikbrausen der Blechbläser und Weltumarmen der Streicher.

Stefan Vladar hat diese Erzählung zwischen Selbstüberhöhung und Schabernack, zwischen Freude und Wehmut – und das im Vollbesitz aller kompositorischen Kraft – in jeder Phase im Griff. Jede Gruppe darf sich auszeichnen in diesem hier hundertköpfigen Orchester: Zum eigenen Klangkörper kommen vierzig Gäste, um dieses bürgerliche Heldenleben zum bürgerlichen Musikerlebnis werden zu lassen. Was jede Gruppe leistet, welch Einsatz die Blechbläser – mit Solohornist Anton Schultze an der Spitze – zeigen, ist ebenso eine Wucht wie oftmals auch voller Zartheit.

Das war also der Auftakt zur kleinen „Richard Strauss-Spielzeit“: Im nächsten Konzert (27./28. Oktober) erklingt seine Suite „Der Bürger als Edelmann“, und am 27. Januar hat Premiere „Elektra“ – die Oper, die ebenso groß besetzt ist wie das „Heldenleben“.

Vor der Pause hat Stefan Vladar eine halbe Stunde Klassik gestellt: Mozarts letzte Sinfonie, die „Jupiter“ genannte Nr. 41 KV 551 in C-Dur. So straff und druckvoll, geradezu überdynamisch ist der Kopfsatz in der MuK wohl noch nicht erklungen. Mit wenig Spannung kam das Andante amabile, rundum tänzerisch gelüftet das Menuetto und wieder molto vivace-dynamisch der Finalsatz. Das war nicht der klare Mozart, wie man ihn vom Wiener Vladar kennt. Offenhörig hatte „Das Heldenleben“ zuviel der knappen Probenzeit gebraucht. Die Erfahrung jedoch lehrt: Sinfonisches wächst und rundet sich im zweiten Konzert (am Montag in der MuK) zum vollen Erfolg.

das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck eröffnete eine kleine Richard Strauss-Spielzeit. Foto: Jan Philip Welchering

das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck eröffnete eine kleine Richard Strauss-Spielzeit. Foto: Jan Philip Welchering


Text-Nummer: 161077   Autor: Güz.   vom 10.09.2023 um 19.46 Uhr

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