Taschenoper: Mozart „nachhaltig“

Lübeck: Archiv - 30.09.2023, 11.57 Uhr: Die Taschenoper Lübeck (TOL), die seit anderthalb Jahrzehnten jungen Menschen erfolgreich gutes Musiktheater nahebringt, wendet sich mit ihrer neuen Produktion einmal an Erwachsene: „Die Entführung“ - frei nach Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ - zeigt und hört sich als ein gelungenes Kammerspiel. Das Premierenpublikum im Theaterhaus an der Königstraße nahm das Opus mit viel Freude und viel Beifall auf.

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Die TOL-Prinzipals Margrit Dürr (Libretto) und Julian Metzger (Musikalische Einrichtung) haben einmal mehr eine glückliche Hand bewiesen. Reduziert auf drei Protagonisten – den „Kámelia“-Ressortleiter Osmin sowie das bei ihm strandende junge Paar Konstanze und Belmonte – sowie ein Streichquartett, bleibt der Handlungsfaden erhalten und entfaltet die Musik all ihren Charme. Das ist eine feine Grundlage für die Qualität der Urheber und der Ausführenden.

Konstanze und Belmonte schippern nach Kamelia, sehen den Müll am Strand, streiten sich über Umweltverschmutzung und Nachhaltigkeit, Osmin kommt herzu – und ein Verwirrspiel um Beziehungen und Belastungen entsteht, in nach bewährten TOL-Fingerzeigen auch das Publikum einbezogen wird mit Jubelchor und einem Kurzkanon „Wir schwören“. Das ist ein munteres Spiel auf kleiner Szene, die Katja Diegmann mit variablen Höcker-Elementen versehen und die Protagonisten mit Phantasie gekleidet hat.

Fein zeitbezogen sind die neubetexteten Arien und Duette. Und so sehr sich Osmin auch engagiert, holt er doch nicht den Öko-Holzhammer raus, sondern ist subversiver als sein Klassik-Vorbild. Denn Regisseur Sascha Jakob Mink weiß wieder, wie Zwischentöne funktionieren, wie Musiktheater sich mit sparsamen Mitteln am besten vermitteln lässt. Was allerdings nicht Emotionen verhindert: Wie Konstanze lieben und wüten, Belmonte konsterniert rasen kann, teilt sich jedem im kleinen Theater hautnah mit. Vor allem auch sind hier drei Sänger ihrer Musikalität sicher: Tobias Hagge (baumlanger Osmin) stellt seinen kräftigen Bass aus, Marie Sofie Jacob (kapriziöse Konstanze) beeindruckt mit ihrer Spannweite und sicheren Koloraturen, Severin Böhm (quicklebendige Mischung aus Belmonte und Pedrillo) macht tenorale Höhenflüge auf baritonalem Fundament.

Was Julian Metzger aus der Originalpartitur in eine Streichquartett-Besetzung „transponiert“ hat, ist völlig Mozart-gerecht, lässt die Melodien transparent hervortreten und – etwa bei der kräftigen Janitscharen-Musik – fußbedienten Rhythmus hinzutreten. Carl Augustin hat die vier Musikerinnen einstudiert, und es ist eine Freude, die harmonische Eintracht von Cornelia Bach und Anahita Khanzadeh (Violinen), Clara Last (Viola) und Anna Silke Reichwein (Violoncello) zu hören. Zwei kurzweilige, szenisch und musikalisch erlebnisreiche Stunden bietet diese „Entführung“ nicht nur für Erwachsene.

Bei der Premiere am Freitagabend gab es viel Beifall für die neue Produktion. Fotos: Olaf Malzahn

Bei der Premiere am Freitagabend gab es viel Beifall für die neue Produktion. Fotos: Olaf Malzahn


Text-Nummer: 161519   Autor: Güz.   vom 30.09.2023 um 11.57 Uhr

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