Der November beginnt mit einem Hochdruckgebiet

Lübeck: Archiv - 22.10.2023, 19.24 Uhr: Gute Aussichten beim Wetter: Zum November bekommen wir ruhiges Hochdruckwetter, verspricht Harald Denckmann nach Auswertung der Wettermodelle. Er geht in seiner Wetterübersicht auch noch einmal auf den Sturm vom vergangenen Freitag ein.

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Nach dem heftigen Sturm kommt jetzt erst einmal wieder eine erkennbare Wetterberuhigung. Nachdem sich jetzt die Aufregung langsam legt, sollte man aber doch einmal eine etwas nüchterne Einordnung des ganzen Geschehens an der Küste vornehmen.

Selbstverständlich hat der Sturm erheblichen Schaden an der Ostseeküste angerichtet. Zum Glück für Lübeck und Travemünde lag der Schwerpunkt aber deutlich weiter im Norden Schleswig-Holsteins und betraf ebenfalls die dänische Ostseeküste. Der Schaden wurde auch hauptsächlich durch den starken Anstieg des Meeresspiegels verursacht. Am vergangenen Freitag, den 20. Oktober, um 19.50 Uhr wurde in Travemünde laut Pegel-Online immerhin ein Höchststand von 6,78 Meter notiert, das sind etwa 1,80 Meter über dem normalen Wert. Im Verbund mit dem Wellengang hat das enormen Schaden angerichtet, aber in Travemünde war der Wind glücklicherweise nicht so stark, wie weiter nördlich an der Ostseeküste.

Die höchste Windgeschwindigkeit am Freitag wurde in Travemünde bereits um 15 Uhr am Nachmittag gemessen. Mehrere Dienste geben diese Windgeschwindigkeit mit etwa 60 km/h an. Das entspricht etwa Windstärke 7 Bft, in Böen ging es dabei maximal ganz kurzzeitig einmal auf 8 bis 9 Bft. Da kann man nicht von einem Orkan sprechen und ein Jahrhundertereignis für Travemünde ist das auch nicht. Allein von 1950 bis 2000 gab es etwa zehn Ereignisse mit Wasserständen zwischen 1,50 und 2 Meter über dem Normalwert.

Der höchste, bisher nicht wieder erreichte Wert wurde vor einem Jahr mit einer Sonderausstellung und Vorträgen hier in Lübeck gewürdigt. Es war der 150. Jahrestag der Jahrtausendflut von 1872. An der Alten Vogtei, am historischen Leuchtturm und am Pegelpfosten am Beginn der Trave-Promenade kann man den damaligen Wasserstand von 3,30 Meter über Normal immer noch ablesen.

Allein der beständige starke Wind über der mittleren Ostsee hat uns daher die hohen Wasserstände vom vergangenen Freitag beschert. Und das Ganze auch noch mit Ansage. Bereits vor eine Woche wurde in Presse, Funk und Fernsehen eindringlich vor der anstehenden Gefahr gewarnt. Die Menschen haben sich auch vorbereitet und bereits am Mittwoch bei schönstem Wetter schon einmal die Sandsäcke an die Tür gelegt. Trotzdem, wenn das Wasser denn kommt, kann man schwer etwas dagegen tun, wenn es einfach immer weiter steigt. Trotz guter Vorbereitung muss jetzt mit Millionenaufwand der ganze Schaden beseitigt werden.

Im August 1989 konnte man sich dagegen gar nicht vorbereiten. Auch der Wetterdienst wurde von einem plötzlich auftretenden Mega-Tief über Schweden überrascht. Stärkerer Wind am Abend, in der Nacht dann Orkan Windstärke 12. Der sogenannte Wendtorf Orkan hat hunderte von Yachten auf die Promenaden befördert und komplett zerstört, der größte Yachtschaden in der deutschen Geschichte.

Meldungen über ansteigende Wasserstände sollten uns daher beunruhigen. Der berühmte Geomar-Wissenschaftler und Klimaforscher Mojib Latif, just mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt, machte zur Amtszeit von Peter Harry Carstensen gern die Bemerkung, er habe sich mit dem Ministerpräsidenten auf einen Meeresspiegelanstieg von einem Meter bis zum Jahr 2100 geeinigt. Dabei hoffte er natürlich, dass den Zuhörern klar war, dass weder er noch der Ministerpräsident diesen Wert garantieren können. Das kann auch mehr werden, wenn der Globus nicht zur vernünftigen Klimapolitik findet. Dann muss der Mensch weichen, denn unendlich hohe Deiche bauen kann man nicht. Das gibt der Untergrund nicht her.

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Jetzt aber zum aktuellen Wetter. Gegen Ende der Woche, und damit des Monats Oktober, kommt noch einmal ein Tiefdruckgebiet über den Atlantik. Das bleibt aber über England hängen und beschert allenfalls der französischen Küste noch einmal stürmische Verhältnisse. Wir bleiben am Rande des Geschehens und damit unter dem Einfluss milder Luftmassen, die an der Vorderseite des Tiefs zu uns geführt werden. Um den Monatswechsel löst sich das Tief zunehmend auf und es bildet sich ein Hochdruckgebiet, das sich über ganz Europa ausdehnen wird. Ganz ohne Niederschläge wird das nicht abgehen, denn die Karten deuten auf einige Höhenstörungen hin. Im Prinzip sollte es aber einen ruhigen Novemberbeginn mit immer noch zweistelligen Spitzenwerten bei den Tagestemperaturen geben. Auch die meisten Nächte werden wohl noch recht mild bleiben. Mit dem Scheibenkratzen am frühen Morgen haben wir daher noch ein wenig Aufschub.

Lübeck erwartet einen Goldenen November. Fotos: Karl Erhard Vögele, Grafik: Harald Denckmann

Lübeck erwartet einen Goldenen November. Fotos: Karl Erhard Vögele, Grafik: Harald Denckmann


Text-Nummer: 161962   Autor: Harald Denckmann   vom 22.10.2023 um 19.24 Uhr

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