Reichsbanner: Name Julius Leber muss bleiben

Lübeck - St. Lorenz Nord: Archiv - 15.11.2023, 16.01 Uhr: Das Reichsbanner-Schwarz-Rot-Gold "Bund aktiver Demokraten" lehnt die geplante Umbenennung der Julius-Leber-Schule scharf ab. Am Donnerstag entscheidet der Schulausschuss der Bürgerschaft über die Umbennung.

Julius Leber kam 1921 nach Lübeck, wurde im selben Jahr in die Bürgerschaft gewählt und vertrat die Stadt ab 1924 als Reichstagsabgeordneter in Berlin. In Lübeck wurde Leber, Gründungsmitglied des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, zu einer Galionsfigur der Weimarer Republik: „Die Arbeiter vor Ort verehrten ihn“ schrieb Willy Brandt Jahre später. Leber emigrierte 1933 nicht; er sei dies den Lübeckern schuldig. Bis zu seiner Ermordung 1945 stand er im Zentrum des Widerstands gegen Hitler. Die Julius-Leber-Schule selbst beschrieb Julius Leber, dessen Namen sie erst seit gut zehn Jahren trägt, auf ihrer Homepage so: „Unser Namensgeber Julius Leber steht für Engagement, Zivilcourage und Mut; er war ein aufrichtiger Mensch, unbeugsam und gradlinig. Seine Haltung und Werte sind Eckpfeiler unserer pädagogischen Arbeit!“ "Davon will sich die Schule am Marquardplatz nun offensichtlich verabschieden", so der Reichsbanner. In Lübeck sei die Erinnerung an Leber lebendig und in der Bürgergesellschaft verankert.

Dr. Jan Schenkenberger, Mitglied im Bundesvorstand des Reichsbanners und Ansprechpartner des Vereins für Schleswig-Holstein, empfindet die geplante Umbenennung als „Schlag ins Gesicht des demokratischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus“. Ähnlich äußerte sich der Bundesvorsitzende des Arbeitskreises ehemals verfolgter Sozialdemokraten, der Hamburger Polizeipräsident a.D. Wolfgang Kopitzsch: er sei „tief betroffen und erschüttert über die Geschichtsvergessenheit und die offensichtliche Leugnung der Bedeutung des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus“, die in der Umbenennung der Schule ihren Ausdruck fände. Die Bedeutung Julius Lebers reiche weit über Lübeck hinaus: jedes Jahr werde er mit den Verschwörern des 20. Juli 1944 von der Bundesregierung mit einem Staatsakt geehrt; am Ort seiner Berliner Kohlenhandlung soll eine neue Gedenkstätte entstehen. Angesichts dessen stoße die Entscheidung der Schule auch außerhalb Lübecks auf wenig Verständnis. Für den Vorstandsvorsitzenden der Bundeskanzler Helmut Schmidt Stiftung Dr. Meik Woyke ist die Erinnerung an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus „von großer Bedeutung für die Gegenwart, zumal angesichts unserer gefährdeten Demokratie.“ Dr. Kristina Meyer, die Sprecherin des SPD-Geschichtsforums, zeigte sich „bestürzt, dass die Lübecker Julius-Leber-Schule ihren Namen verlieren soll. In einer Zeit wachsender Gefahr von rechts wäre es ein fatales politisches Zeichen, wenn die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck dem Antrag auf Umbenennung der Schule zustimmte.“ Auch der Kuratoriumsvorsitzende der Bundeskanzler Willy Brandt Stiftung, Bundestagspräsident a.D. Wolfgang Thierse mahnt: „Gerade in dieser herausfordernden Zeit müssen wir politische Vorbilder gegenüber der heranwachsenden Generation hervorheben und weiter an sie erinnern. Nicht zuletzt aus diesem Grund unterhält unsere Bundesstiftung seit 2007 das Willy-Brandt-Haus Lübeck.“ Die geplante Umbenennung der Julius-Leber-Schule sei ein „völlig falsches Zeichen“.

Jan Schenkenberger hat nach eigenen Angaben in den letzten Wochen mehrfach das Gespräch mit der Schule gesucht: „Unsere Anfragen sind ausnahmslos unbeantwortet geblieben.“ Kommunalpolitikern Lübecker Parteien sei es nicht besser ergangen. „Die Schule zeigt damit eine unfassbare Arroganz gegenüber demokratischen Institutionen und der Öffentlichkeit“, so Schenkenberger: sie habe für die Sanierung viele Millionen Euro erhalten, fühle sich aber in keiner Weise verpflichtet. Bereits Anfang Oktober feierte sie den neuen Namen mitsamt Logo, zunächst noch „vorbehaltlich der Zustimmung von Ministerium und Lübecker Bürgerschaft“.

„Mittlerweile verwendet die Schule den Namen offensiv für ihre Pressearbeit, obwohl ihr die Kritik an der Namenswahl bekannt und die Zustimmung von Bürgerschaft und Ministerium nicht erfolgt ist!“, kritisiert Schenkenberger: „Dies ist ein Versuch der Schule, die Entscheidung demokratischer Gremien vorwegzunehmen und vollendete Tatsachen zu schaffen.“ Ein gelungener „Neustart“ sei dies nicht, so Schenkenberger abschließend: „Die Schule fügt sich selbst einen erheblichen Imageschaden zu. Es bleiben viele Fragen zum pädagogischen Konzept, besonders im Bereich der historisch-politischen Bildung, und dem Selbstbild der Schule in der demokratischen Gesellschaft.“

Das Reichsbanner-Schwarz-Rot-Gold kritisiert die Umbennung der Julius-Leber-Schule.

Das Reichsbanner-Schwarz-Rot-Gold kritisiert die Umbennung der Julius-Leber-Schule.


Text-Nummer: 162495   Autor: Reichsbanner/red.   vom 15.11.2023 um 16.01 Uhr

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