Helldahl: Wenn Stadtplanung schief geht

Lübeck - Travemünde: Archiv - 15.11.2023, 20.37 Uhr: Durch die Straße „Helldahl“ müssen Radler auf dem Ostseeküsten-Radwanderweg, um aufs Brodtener Steilufer zu kommen. Wer seit vielen Jahren dort entlangkommt, wird festgestellt haben, dass sich das Straßenbild sehr verändert hat. Weg von Einfamilienhäusern, hin zu großen, dreigeschossigen Bauten mit vielen Wohnungen. Jetzt soll ein Bebauungsplan weiteren Wildwuchs verhindern. Zu spät, finden manche Travemünder.

Ein Bebauungsplan soll nun allzu große und vor allem touristische Neubauten verhindern. Zusätzliche Ferien- und Nebenwohnungen sollen nicht mehr zugelassen sein. Das hat die Politik beschlossen und die Verwaltung muss es umsetzen. In einem recht großen Planungsgebiet im Nordosten Travemündes, das eben auch den Helldahl einschließt. Die Mehrfamilienhäuser dort hält auch die Verwaltung für „überdimensioniert“, wie es bei einer Öffentlichkeitsbeteiligung am Montag hieß. „Aber warum haben Sie es dann erlaubt?“, wollte eine Anwohnerin wissen. Jetzt brauche es das doch nicht mehr.

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Die Verwaltung hatte mit deutlich mehr Interessierten gerechnet, es kamen aber nur etwa 25 Bürger zur Öffentlichkeitsbeteiligung.

Der Verlust der Wohnkultur
Der einst überwiegend von Einfamilienhäusern geprägte Helldahl ist mittlerweile geprägt vom Geschosswohnungsbau. Was steht, hat natürlich Bestandsschutz. Und was übrig ist, sind drei oder vier „normale“ Häuser zwischen den Blöcken. Das sei doch keine Wohnkultur mehr, schimpfte eine Travemünderin, wenn ein Einfamilienhaus neben so einem „Klotz“ mit 20 oder 30 Wohnungen stehe. „Die alle auf sie runtergucken.“ Doch das ist nicht mehr zu ändern. Immerhin: Weitere mögliche Neubauten dürfen in der Straße in erster Reihe nur noch zweigeschossig werden, in zweiter Reihe nur eingeschossig.

Bauplan soll weitere Auswüchse verhindern
Der Entwurf des „Bebauungsplans Helldahl / Leegerwall“ will das Gebiet in einen „halbwegs homogenen Rahmen“ fassen. Was gar nicht so einfach ist. Im Helldahl ist der Zug weitestgehend abgefahren. Und in den umliegenden Straßen gibt es immer mal wieder größere Gebäude, die aus dem Rahmen fallen. Der Plan der Stadt: Sehr große Häuser sollen nun nicht mehr erweitert werden dürfen, kleinere nur in festgelegtem Rahmen. Die Rede war von 25 bis 30 Prozent, etwa für ein neues Wohnzimmer. 2024 soll der neue Bebauungsplan fertig sein. Bis dahin geht gar nichts mehr, wegen der bestehenden Veränderungssperre.

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Neubauten auf langen Grundstücken
Auf besonders langen, tiefen Grundstücken sollen die Eigentümer, wenn sie es möchten, noch ein zusätzliches Einfamilienhaus bauen dürfen. Die Rede war von bis zu 40 Häusern in den kommenden Jahrzehnten. Das kam unterschiedlich an. Kritisiert wurde aus dem Publikum die zusätzliche Flächenversiegelung durch den Neubau und auch die dann erforderliche „Pfeifenzufahrt“. Eine andere Anwohnerin fand es aber gut, da die Pflege der großen Grundstücke doch von nachfolgenden Generationen, wo vielleicht beide arbeiten, gar nicht mehr zu schaffen sei.

Was ist schiefgelaufen?
Irgendwann muss sich jemand entschieden haben, ein Gebäude zuzulassen, das nicht mehr reinpasste. Vielleicht war es das Haus ganz oben, wo früher der „Seetempel“ stand. Das hätte man als „Fremdkörper“ sicher so ausklammern können, wurde aber nicht gemacht. Ein Zuschauer sprach von einem „Dominoeffekt“. Es sei damals so genehmigt worden, hieß es dazu von Seiten der Verwaltung. „Aus heutiger Sicht: Leider.“ Und: „Wir versuchen jetzt was zu retten, was irgendwie schiefgelaufen ist.“

Kein Bebauungsplan für andere Gebiete
Auch in anderen Wohngebieten Travemündes werden fleißig Mehrfamilienhäuser gebaut. Ob es für diese Straßen auch Bebauungspläne geben werde, wollte ein Bürger wissen. „Zum Bestandsschutz aktuell nicht“, hieß es dazu von Seiten der Verwaltung. Es sei ja nicht Sinn der Sache, „überall Bebauungspläne drüberzulegen, um den Bestand zu sichern.“ Das schränke ja auch immer sehr ein. Wo es keinen Bebauungsplan gibt, da gilt der „Paragraf 34“, der sich am Bestand orientiert. Wie im Helldahl. „Es geht halt manchmal schief“, hieß es dazu.

Ferienwohnungen statt Einfamilienhäuser: Auch der Paragraf 34 des Baugesetzbuches konnte die Entwicklung im Helldahl nicht verhindern. Fotos: Helge Normann

Ferienwohnungen statt Einfamilienhäuser: Auch der Paragraf 34 des Baugesetzbuches konnte die Entwicklung im Helldahl nicht verhindern. Fotos: Helge Normann


Text-Nummer: 162498   Autor: Helge Normann   vom 15.11.2023 um 20.37 Uhr

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