5. Philharmoniker-Konzert: Kraftakt

Lübeck: Archiv - 04.02.2024, 17.19 Uhr: Der Generalmusikdirektor mag Kraftakte: Eine Woche nach der „Elektra“-Premiere bietet Stefan Vladar im 5. Sinfoniekonzert mit Bela Bartoks „Konzert für Orchester“ die nächste Hochleistung. Samt zweier Streicher-Werke von Samuel Barber (1910-1981) und Theodor Berger (1905-1992) ist das für Philharmoniker wie für (das am Sonntag in der MuK erfreulich große) Publikum ungewohnte, im Falle Bartoks allerdings höchst anregende Kost.

Der Auftakt verzögerte sich durch eine anfangs zu gedämmte Lichtleiste über dem Orchester und einen (wohl von dem technischen Defekt ausgelösten) leisen Pfeifton, den die philharmonischen Bogenspezialisten trotz der melancholischen Grenzziehung bei Barber und Berger fast immer übertönen konnten (und der nach der Pause behoben war).

Die drei Werke, entstanden zwischen 1933 und 1943, könnten unterschiedlicher nicht sein. Des Amerikaners Barber oft zu hörendes „Adagio for Strings“ ist ein tröstender Gesang, den Vladar zwischen piano und mezzoforte ruhig gleiten ließ, bis er nach kurzem Aufbäumen verklang – im Sinne des Wortes eine Fingerübung, die Violinen, Violen, Violoncelli und Kontrabässen sanft von der Hand ging. Der Wiener Berger geht mit seiner „Melancolia“ für 48 Streicher kompakter vor. Aus Cello-Tiefen und mit fahlen Violen entwickelt er eine langsame Bewegung, der die Solovioline entgegenarbeitet (Erster Konzertmeister Carlos Johnson mit wahrem Fingerspitzengefühl und steter Bogenbewegung). Verhalten optimistisch ließ Vladar die Neoklassik mit ihren Pizzicati und Glissandi-Seufzern am Ende verklingen.

Welch ein Kontrast nach der Pause! Noch kalt stiegen die drei Trompeten in das wuchtigste Bartok-Werk ein. Stefan Vladar hatte beidhändig zu steuern, um (vor allem die permanenten Streicher-) Schichtungen zu koordinieren. Was nahezu harmlos aus Bassestiefen zu den Violinen hinaufschwillt, dem gehen die Pauken dazwischen – und dann wird die wilde Fahrt aufgenommen. Das Partitur-Dickicht und der permanente Taktwechsel verlangen von jeder Gruppe des großbesetzten Orchesters immer wieder höchste Technik und Konzentration. Das brauchte am Sonntag etwas Anlauf (und wird im Montagskonzert noch präziser). Zwei Harfen und tiefe Holzbläser spielten nun über dichten Streichern ihre Elegie-Atmosphäre aus. Dann führten souveräne Flöten-, Oboen- und Klarinetten-Soli ins Puszta-Allegretto. Und im Vivacissimo-Finale verbreitete sich das Feuer in diesem Werk rasend schnell. Kein Wunder, dass dieser Großtat der Philharmoniker – im Tutti wie in vielen virtuosen Einzelleistungen – und ihres Chefs nach dem letzten Takt am Sonntag großer Beifall entgegenbrandete.

Generalmusikdirektor Stefan Vladar bot erneut eine Höchstleistung. Foto: Jan Philip Welchering

Generalmusikdirektor Stefan Vladar bot erneut eine Höchstleistung. Foto: Jan Philip Welchering


Text-Nummer: 163983   Autor: Güz.   vom 04.02.2024 um 17.19 Uhr

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