Parkhaus-Pläne: Krach um die Krankenschwester

Aufgebracht hatte das Thema Uwe Dittmar. Der Travemünder hat sich vor zwei Jahren als Rentner einen Traum erfüllt und ist nach Travemünde gezogen. In eine der Wohnungen, für die ein Teil des Parkplatzes Godewind weichen musste. Der Ingenieur wandte sich im Ortsrat an den Travemünder Politiker Henning Schumann (CDU). Schumann habe auf einer Veranstaltung vor Ort (Wir berichteten) behauptet, das Parkhaus werde gebraucht, sagte Uwe Dittmar und wollte gern wissen: „Wer sollen die potenziellen Nutzer sein und worauf bezieht sich der Herr Schumann, wenn er sagt, das Parkhaus werde gebraucht?“

„Wer sollen die potzenziellen Nutzer sein?“, wollte Anwohner Uwe Dittmar (rechts) von CDU-Politiker Henning Schumann wissen.

CDU: Krankenschwester braucht Parkplatz
Daraufhin meldete sich Willi Meier (CDU), Beisitzer der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Lübeck (MIT), zu Wort. „Denken Sie bitte mal an die Schichtarbeiter, denken Sie an die Krankenschwester, die im Nachtdienst hier in Lübeck im Krankenhaus arbeitet, morgens um sieben nach Hause kommt, und keinen Parkplatz findet“, sagte Meier. „Oder abends um neun nach Hause kommt und keinen Parkplatz mehr findet. Wir haben Parkplatzmangel“, so der Politiker. „Und das sehen Sie in allen Straßen, in allen Wohnstraßen.“ Es gäbe immer weniger Parkplätze für die Travemünder Bevölkerung. „Denken Sie bitte nicht nur an die, die zugezogen sind, sondern denken Sie an diejenigen, die hier seit Generationen arbeiten, die im Pendelverkehr nach Lübeck müssen, weil sie Krankenschwester sind“, führte Meier weiter aus. „Und da fährt kein öffentlicher Nahverkehr morgens in aller Frühe oder abends nach der Schicht von Lübeck nach Travemünde zurück.“ Da müsse man ein Auto haben und die Autos müssten ja auch irgendwo parken können.

„Die gibt es wirklich. Und die hat die Sorgen“, versicherte Willi Meier (CDU), nachdem er beschuldigt worden war, sich die Krankenschwester nur ausgedacht zu haben.

Grüne: Ausgedachte Figuren
Dr. Barbara Schwarz (Grüne) warf dem CDU-Mann Meier nun „Polemik“ vor. „Das ist wirklich dreist“, sagte die Politikern. „Die hat mich angesprochen“, verteidigte sich Meier. „Das ist nicht dreist, das ist eine Bürgerin, die dort wohnt und keinen Parkplatz bekommt und um drei Uhr und vier Uhr losmuss.“ Doch Dr. Barbara Schwarz fuhr dem Politiker immer wieder über den Mund, wiederholte mehrfach „Das ist wirklich dreist!“. Es gehe um die Frage, wie man sich die zukünftige Mobilität in Travemünde vorstelle. „Ohne ausgedachte Figuren“, so die Grünen-Politikerin.

Dr. Barbara Schwarz (Grüne) griff Willi Meier (CDU) an und unterstellte dem Politiker, sich die Krankenschwester auf Parkplatzsuche nur „dreist“ ausgedacht zu haben.

Schumann für Parkhaus-Bau
Der ursprünglich angesprochene Henning Schumann unterstützte nun die Aussage von Willi Meier. Schumann hatte bereits mit der Bürgerinitiative „Parkklotz nein danke“ gesprochen. Aber: „Wir haben ja auch viel Feedback bekommen von Leuten, die sagen, endlich kommt das Parkhaus. Das gibt es auch“, so Schumann. Die Wahrheit liege wie immer irgendwo in der Mitte. Das Parkhaus sei beschlossen. Und er sei dafür, dass es gebaut werde.

Es gäbe auch Leute, die das Parkhaus wollen, erklärte Henning Schumann (CDU)

Wenn der Parkplatz gebraucht wird, warum parkt dann dort keiner?
Anwohner Uwe Dittmar hatte nun noch eine weitere Frage. Wenn Willi Meier sage, die Parkplätze würden für die Arbeit gebraucht, das könne er nachvollziehen, so Dittmar. „Die Frage, die ich mir aber stelle, ist, warum ist denn jetzt der Parkplatz gar nicht voll?“, sagte er. Ein voller Parkplatz wäre doch ein Zeichen dafür, dass Parkplätze fehlten und das Parkhaus unbedingt notwendig sei.

Wird ein Parkhaus mit mehr Stellplätzen gebraucht, wenn der normale Parkplatz oft schon gähnend leer ist (Foto vom Samstag, 27. Mai 2023)?

Parkhaus auch Thema in der nächsten Ortsrats-Sitzung
Neben der Frage nach der derzeitigen Nutzungsintensität des Parkplatzes ging es auch um den erwarteten finanziellen Verlust durch den Betrieb des Parkhauses, zu dem die Grünen Zahlen veröffentlicht hatten (Wir berichteten). Und am Rande auch um die Bedeutung des Parkhauses als Ersatz für Parkplätze auf dem Leuchtenfeld (wenn dieser in Teilen Landschaftspark oder ähnliches werden sollte). Doch mittlerweile war die Zeit schon vorgerückt. „Wir haben uns gerade abgestimmt. Wir werden uns jetzt bei Frau Hagen selber nochmal schlau machen“, versprach der frischgebackene Ortsrats-Vorsitzende (Wir berichteten) Thomas Thalau. Die Informationen würden den Ortsrats-Mitgliedern zugeleitet und dann werde man das im Ortsrat nochmal diskutieren.

Will sich bei Bausenatorin Joanna Hagen nochmal schlau machen: Travemündes neuer Ortsratsvorsitzende Thomas Thalau (CDU).

Projekt soll im Ortsrat vorgestellt werden
Bürgerschaftsmitglied Jochen Mauritz ergänzte: „Man hat uns zugesagt von der Verwaltungsseite her, dass im Ortsrat das Projekt nochmal vorgestellt wird.“ In einer der nächsten Sitzungen. Anmerkungen aus dem Publikum sollten dann mitgenommen werden von den Architekten, die es vorstellen. „Das war die Aussage der Senatorin“, so Mauritz.

Die Architekten würden das Projekt im Ortsrat auch vorstellen, meinte Jochen Mauritz (CDU).

Viele Fragen zum Parkhaus in der Bürgerschaft
Das Thema „Parkhaus Godewind“ ist also noch lange nicht ausdiskutiert. Gleich neun Mitglieder der Bürgerinitiative „Parkklotz nein danke“ wollen die Möglichkeit nutzen, Fragen in der Bürgerschaftssitzung am 29. Juni 2023 zu stellen. Dabei geht es um Schutzmaßnahmen zugunsten der Nachbarn, Eigentümer und Betreiber, die öffentliche Vorstellung des Projektes, den Sachstand bei der Kostenplanung, Parkgebühren, Architektenvertrag, Ausschreibung und vieles mehr.

Ob statt des vorhandenen Parkplatzes „Godewind“ (Foto vom Sonntag, 18. Juni 2023) ein Parkhaus gebraucht wird, darüber wurde im Travemünder Ortsrat intensiv diskutiert. Fotos: Helge Normann

Text-Nummer: 159501   Autor: Helge Normann   vom 21.06.2023 um 16.12 Uhr